Kanadische Professorin willkürlich in Gefangenschaft
Iranische Justiz hält kanadische Professorin willkürlich in Gefangenschaft
22 Menschenrechtsexperten, die in den vergangenen Jahren als Sonderbeauftragte der UNO gearbeitet haben, rufen die Weltgemeinschaft auf, sich für die sofortige Freilassung von Prof. Homa Hoodfar einzusetzen, die wegen ihrer Forschungsarbeiten zum Thema Frauenrechte im Iran in Haft ist.
Die Professorin Homa Hoodfar (Bild), eine kanadische Staatsbürgerin iranischer Herkunft, ist seit Anfang Juni 2016 im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran inhaftiert. Der Grund sind ihre Forschungsarbeiten zum Thema Frauenrechte im Iran. Die iranische Justiz hat sie wegen angeblicher „Vergehen gegen die nationale Sicherheit“ angeklagt. Ihr wird vorgeworfen, eine „feministische, schleichende Revolution“ im Iran geplant zu haben. Ihr Anwalt wird systematisch an seiner Arbeit gehindert. Der Gesundheitszustand von Homa Hoodfar hat sich nach Monaten in Einzelhaft so verschlechtert, dass sie kaum gehen oder sprechen kann.
Die Anthropologin Homa Hoodfar, die an der Concordia University in Montreal lehrte, war im Februar 2016 in den Iran gereist, um Verwandte zu besuchen und Forschung über die Teilnahme von Frauen an den Wahlen im Iran zu betreiben. Die Verhaftung der Wissenschaftlerin ist eine weitere Repressalie des iranischen Regimes gegen Menschen, darunter Akademiker, die friedlich ihr Recht auf Meinungsfreiheit ausüben.
Anlässlich der 71. Tagung der UN-Generalversammlung, die am 13. September in New York begonnen hat, haben 22 Menschenrechtsexperten, die in den vergangenen Jahren als Sonderbeauftragte der UNO gearbeitet haben, die Weltgemeinschaft aufgerufen, sich für die sofortige Freilassung von Homa Hoodfar einzusetzen. Zu den Experten gehören Prof. Christof Heyns, ehem. UN-Sonderberichterstatter über außergerichtliche oder willkürliche Hinrichtungen, und die beiden Professorinnen Rashida Manjoo und Yakin Ertürk, die beide UN-Sonderberichterstatterinnen über Gewalt gegen Frauen waren.
In einer gemeinsamen Erklärung der Menschenrechtler heißt es u.a.:
“Wir betonen die Verpflichtung aller UN-Mitgliedsstaaten, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu respektieren, zu schützen und zu fördern und ihre Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt der UN über Bürgerliche und Politische Rechte (ICCPR) zu erfüllen, und machen auf den Fall von Prof. Homa Hoodfar aufmerksam, die seit dem 2. Juni 2016 im Evin-Gefängnis in Teheran im Iran in Einzelhaft gehalten wird. Mit dem heutigen Tag ist sie 100 Tage in Haft. Ihre Inhaftierung erfolgte nach drei Monaten andauernder Verhöre und nachdem man ihr den Pass weggenommen hatte, um sie daran zu hindern, das Land zu verlassen. Wir fordern die Freilassung von Prof. Hoodfar, einer 65-jährigen anerkannten Anthropologin der Concordia University in Montreal in Kanada, die ihre berufliche Laufbahn dem Verständnis und der Verbesserung der Lage der Frauen und der Förderung der Gleichstellung, insbesondere in muslimischen Gemeinschaften, gewidmet hat.
Die iranischen Justizbehörden am Revolutionsgericht haben Prof. Hoodfar wiederholt den Zugang zu ihren Anwälten und zu ihrer Familie verweigert und kürzlich entschieden, ihre Anwälte abzulehnen und ihr die Stellung einer Kaution zu verweigern, auf die sie einen gesetzlichen Anspruch hat. Prof. Hoodfar leidet an einer seltenen neurologischen Erkrankung, die sich während ihrer Einzelhaft deutlich verschlechtert hat. Es ist unklar, ob sie die ärztliche Versorgung und die Medikamente erhält, die sie benötigt. Ihre Familie hat erfahren, dass sie in der Zeit vom 8. bis 10. August kurz im Krankenhaus war und kaum in der Lage war, zu gehen oder zu sprechen.
Die Islamische Republik Iran, die den ICCPR unterzeichnet hat, hat Prof. Hoodfar vorgeworfen, mit einer feindlichen ausländischen Regierung gegen die nationale Sicherheit zusammengearbeitet, Propaganda gegen den iranischen Staat betrieben und sich “mit Feminismus befasst” zu haben.“
“Während die Generalversammlung zusammenkommt, um einen auf den Menschenrechten basierenden Ansatz der Entwicklung zu fördern, einschließlich der Gleichstellung von Frauen und Männern, fordern wir die Islamische Republik Iran dringend dazu auf, sich an ihre eigenen Gesetze zu halten und ihren rechtlichen Verpflichtungen aus internationalen Verträgen und Übereinkünften nachzukommen. Wir betonen, dass der Iran seine nationalen verfassungsmäßigen Prinzipien verletzt, indem er Menschen willkürlich festnimmt und inhaftiert, die lediglich ihre Meinung äußern und ihrer wissenschaftlichen Forschung nachgehen, wie es ihr berufliches Recht und ihre Pflicht ist.“
Die Menschenrechtsexperten machen weiter darauf aufmerksam,
dass weder die Anklage noch der Inhalt der Verhörakten Prof. Hoodfar oder ihrem Anwalt vorgelegt wurden, während zugleich angebliche Details der Verhöre und der Anklage in den Medien veröffentlicht wurden,
dass ihr die Stellung einer Kaution, die Verlegung in eine Gemeinschaftszelle, der Besuch von Familienangehörigen und Anwälten verweigert wurden,
dass ihr der Zugang zu einem Anwalt ihrer Wahl verweigert wird. Das Gericht hat die beiden von ihr nacheinander gewählten Anwälte zurückgewiesen und ihr einen vom Gericht bestimmten Anwalt zugewiesen, was iranischem Recht und internationaler Rechtspraxis widerspricht.
In der Erklärung der 22 ehemaligen UN-Sonderberichterstatter heißt es weiter:
“In den vierzig Jahren ihrer beruflichen Laufbahn hat sich Prof. Hoodfar darauf konzentriert, die Gleichstellung sowie die bürgerlichen und politischen Rechte von Frauen in ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu verstehen und zu fördern. Prof. Hoodfar wurde im Iran geboren und besitzt die kanadische und irische Staatsbürgerschaft. Sie hat zum Verständnis der Lage musilimischer Frauen beigetragen, indem sie Stereotypen und polemischen Argumenten entgegentritt, etwa in Bezug auf verschleierte Frauen in Kanada, Malaysia oder im Iran. Sie hat viele Jahre damit verbracht, den sozialen und ökonomischen Kontext der Arbeit und des Familienlebens von Frauen und die Rolle weiblicher Arbeitskräfte und der politischen Partizipation von Frauen zu untersuchen sowie die Art und Weise, in der die Gleichstellung historisch und rechtlich in der muslimischen Welt verortet sind. Prof. Hoodfar schreckte nicht davor zurück, wichtige, aber zugleich kontroverse Themen zu untersuchen, die das Leben von Frauen bestimmen, wie reproduktive Rechte, Familienplanung, rechtliche Autonomie und physische Mobilität. Ihre Arbeiten umfassten ein weites geografisches, historisches und rechtliches Spektrum …Sie hat ihre Forschungen in Ägypten, Iran, Kanada, Afghanistan, Pakistan und vielen anderen Nationen mit muslimischen Mehrheiten und Minderheiten durchgeführt.“
“Wir, die Unterzeichnenden, sind tief besorgt über die willkürliche Verhaftung und die sich verschlechternde Gesundheit von Prof. Hoodfar und ebenso darüber, dass die Islamische Republik Iran ihre eigene Verfassung und Gesetze und ihre Verpflichtungen aus internationalen Menschenrechtsverträgen verletzt, und wir fordern ihre sofortige Freilassung.
Nun, da die 71. Tagung der Generalversammlung beginnt, lenken wir die Aufmerksamkeit aller UN-Mitgliedsstaaten auf diesen Fall und darauf, dass sich Prof. Hoodfar seit 100 Tagen in Haft befindet; wir rufen die Regierungen Kanadas und Irlands, die Zivilgesellschaft weltweit und alle Personen, die an dieser Tagung und den damit verbundenen Veranstaltungen teilnehmen, dazu auf, sich an der Kampagne zur Freilassung von Homa Hoodfar zu beteiligen.“